Genossenschaftswohnungen mit Kaufoption (Mietkauf)
Erläuterung
Durch die Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) im Sommer 2019 kam es zu einer Änderung bei einigen Regelungen zum Kauf einer Genossenschaftswohnung. Für Mieter/Mieterinnen wurde eine Erweiterung der gesetzlichen Kaufoption geschaffen; es sind aber auch Einschränkungen bei der Vermietung und beim Weiterverkauf der erworbenen Wohnung vorgesehen.
Die Bezeichnung „Mietkauf" führt oft zu falschen Vorstellungen bei den Mietern. Generell ist mit Mietkauf gemeint, dass man eine gewisse Zeit lang Mieter oder Mieterin einer Wohnung ist und diese Wohnung später (deshalb „nachträgliche Übertragung" genannt) dann als Eigentumswohnung erwerben kann.
Das WGG sieht zwar eine derartige Möglichkeit (seit August 2019) nach frühestens fünf Jahren nach Erstbezug der Baulichkeit vor, bzw nach 5 Jahren Mietvertragsdauer.
Dieses gesetzliche Modell ist aber eher eine „Option auf Eigentum", ohne ein „echtes" Modell eines Mietkaufes zu sein.
Der Mietkauf wird ja in der Regel als eine Art Leasing verstanden, bei dem man mit den Leasingraten für eine Sache (z.B. Auto) schon einen Teil des Kaufpreises bezahlt um einige Jahre später durch Tilgung des Restwertes Eigentümer/Eigentümerin der Sache (z.B. Auto) zu werden.
Das gesetzliche Modell, bei dem ein/e MieterIn einer Genossenschaftswohnung nach einer gewissen Zeit Eigentümer/Eigentümerin der gemieteten Wohnung werden kann, ist aber kein Leasing-Modell. Insbesondere sehen die gesetzlichen Vorschriften nicht vor, dass die Mietzinse, die man während der Mietzeit bezahlt hat, später beim Kaufpreis angerechnet werden. Die bezahlten Mietzinse sind also keine Teilzahlungen auf den Kaufpreis.
Die gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) muss dem Mieter/der Mieterin die bereits bezahlten Mietzinse beim Kauf nicht anrechnen!
Die gesetzlichen Bestimmungen sehen weder die Anrechnung der bezahlten Mietzinse noch die ausdrückliche Bekanntgabe des später zu bezahlenden Kaufpreises schon bei Mietvertragsabschluss vor.
Daher sollte man eine solche Wohnung besser nicht als „Mietkaufwohnung" bezeichnen, sondern als geförderte Mietwohnung mit Kaufoption gemäß dem WGG.
1. Bei Mietverträgen, die ab dem 01.08.2019 geschlossen wurden und werden, bestehen die folgenden Voraussetzungen für die Eigentumsoption:
- Das Gebäude wurde nicht im Baurecht errichtet (Wenn die Bauvereinigung nicht Eigentümerin des Grundstücks ist, gibt es kein Recht zum Kauf).
- Seit dem Erstbezug der Baulichkeit sind nicht mehr als 30 Jahre vergangen.
- Die Nutzfläche der Wohnung beträgt mehr als 40 m².
- Bei Abschluss des Mietvertrages war eine gewährte Wohnbau-Förderung aufrecht.
- Der Mieter/die Mieterin hat anlässlich der Anmietung einen Betrag von mehr als EUR 72,07 pro m² Nutzfläche bezahlt (Stand 01.04.2019; der Betrag bezieht sich bei Erstbezugs-Mietern auf Grund- und Baukosten, bei Folgemietern nur auf Grundkosten).
- Der Mieter/die Mieterin ist österreichischer Staatsbürger/Staatsbürgerin oder eine nach § 8 Abs 4 und 5 WGG gleichgestellte Person (zB EU-Bürger).
Wann kann die Eigentumsoption ausgeübt werden?
Ein Mieter/eine Mieterin kann
- ab dem Beginn des 6. Jahres bis zum Ablauf des 10.,
- ab dem Beginn des 11. bis zum Ablauf des 15.
- und dem Beginn des 16. bis zum Ablauf des 20. Jahres seines Mietverhältnisses
- jeweils einen Antrag auf Übertragung des Eigentums und Legung eines Kauf-Angebots durch die GBV stellen.
Man hat also jetzt maximal drei Mal die Möglichkeit, den Kauf der Wohnung von der Bauvereinigung zu erzwingen, wenn die Voraussetzungen in diesen Zeiträumen vorliegen. Mietet man aber z.B. im 23. Jahr nach Errichtung des Hauses eine Wohnung an, dann kann man den Antrag nur einmal, vom 28. bis 30. Jahr nach Erstbezug stellen, und nur dann, wenn die Förderung bei Anmietung noch aufrecht war.
Für aufrechte Mietverhältnisse, also Mietverträge, die vor dem 01.08.2019 geschlossen wurden, gelten im Prinzip die alten - bis 1.8.2019 bestehenden - Regelungen zur Eigentumsübertragung weiter. Der/die MieterIn - wenn er/sie bei Anmietung einen entsprechend hohen Finanzierungsbeitrag bezahlt hat und wenn das Gebäude nicht im Baurecht errichtet wurde - kann daher zwischen dem 10. und dem 15. Jahr seiner Mietdauer einen Antrag auf Übertragung des Wohnungseigentums an die Genossenschaft stellen. Die Förderung muss bei Antragstellung des Mieters an die Genossenschaft noch aufrecht sein!
Zusätzlich besteht nunmehr die Möglichkeit der Antragstellung nach Ablauf des 15. bis zum Ablauf des 20. Jahres des Mietverhältnisses, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen ein gesetzlicher Anspruch auf Übereignung besteht oder bestanden hat, jedoch nur wenn die Förderung zu diesem Zeitpunkt noch aufrecht ist.
Beispiel:
Herr Huber mietete ab 1. 12. 2003 eine geförderte Genossenschaftswohnung und bezahlt einen Finanzierungsbeitrag in der Höhe von 212,85 €/m². Es war eine Erstbezugswohnung. Herr Huber hatte zwischen dem 1. 12. 2013 und dem 30. 11. 2018 einen gesetzlichen Anspruch auf Übertragung in das Wohnungseigentum. Er hat aber keinen Antrag auf Übertragung in das Wohnungseigentum gestellt. Aufgrund der neuen Rechtslage kann er doch noch bis zum 30. 11. 2023 eine Kaufoption geltend machen, wenn die Förderung zum Zeitpunkt seiner Antragstellung noch aufrecht ist.
Eine Kaufoption schon nach fünf Jahren besteht bei Mietverträgen, die vor dem 01.08.2019 geschlossen wurden, nicht.
Neben den dargestellten gesetzlichen Möglichkeiten zur Kaufoption (bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen) besteht weiterhin die Möglichkeit eines freiwilligen Verkaufs durch die Bauvereinigung/Genossenschaft, auch wenn die Voraussetzungen nicht (mehr) vorliegen.
Wenn die Voraussetzungen vorliegen und ein/e MieterIn kaufen will, muss den Antrag auf Übertragung der gemieteten Wohnung in das Eigentum der Mieter an die Bauvereinigung richten. Ein einfacher Brief, ein E-Mail genügen. Die GBV muss binnen drei Monaten schriftlich einen Fixpreis anbieten.
Wenn von der GBV kein fristgerechtes Angebot gelegt wird, so kann der Mieter/die Mieterin einen Antrag auf Festsetzung des Preises stellen. Wenn die Bauvereinigung auch über Aufforderung des Gerichts binnen eines weiteren Monats keinen Fixpreis anbietet, dann hat das Gericht den Preis „auf der Grundlage des Verkehrswertes unter Berücksichtigung aller wertbildender Umstände im Zeitpunkt des Antrages des Mieters/der Mieterin" festzusetzen.
Wenn die GBV fristgerecht oder über Aufforderung des Gerichts einen Fixpreis bekannt gibt und der Mieter/die Mieterin zu dem Preis kaufen will, muss der Mieter/die Mieterin binnen sechs Monaten schriftlich erklären, dass das Angebot zu dem Preis angenommen sowie alle Verpflichtungen der GBV übernommen werden. Wenn sich die Mieter diesen Preis zwar leisten wollen, er/sie aber glaubt, dass der von der GBV verlangte Preis zu hoch ist, kann er/sie versuchen den vereinbarten Preis über Antrag an die Schlichtungsstelle/Gericht herabsetzen zu lassen.
Ein Antrag („wegen offenkundiger Unangemessenheit") hat nur Erfolg, wenn der von der GBV verlangte Preis höher ist, als der Preis frei finanziert errichteter vergleichbarer Objekte. Vermindert die Schlichtungsstelle/das Gericht den Preis, kann man es sich noch maximal bis drei Monate nach Rechtskraft der Entscheidung überlegen, ob man die Wohnung zu dem von Schlichtungsstelle/Gericht festgesetzten Preis kaufen möchte.
Wenn im Mietvertrag - was die Regel ist - keine Vereinbarung über die Höhe des Kaufpreises getroffen wurde, dann sieht das Gesetz folgende Regelungen vor:
Ausgangsbasis für die Ermittlung des Fixpreises ist der Substanzwert unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert. Wie jedoch im Konkreten auf den "Verkehrswert Bedacht zu nehmen" ist, ist leider eine unklare Bestimmung, wofür es auch keine näheren Anhaltspunkte gibt.
Auch wenn die Bauvereinigung den Kaufpreis so „ermittelt", ist dieser Betrag in der Regel natürlich nicht der Betrag, den man bar bezahlen muss.
Zur Ermittlung des Barkaufpreises ist erstens zu berücksichtigen, dass Mieter/Mieterinnen in der Regel ja schon Finanzierungsbeiträge bezahlt haben, die zum Kaufzeitpunkt aktuell natürlich noch etwas wert sind. Finanzierungsbeiträge werden ja pro Jahr nur um 1% abgewertet. Weiters ist zu beachten, dass Mieter/Mieterinnen beim Kauf meist die Darlehen/Kredite anteilig übernehmen, welche auf der Liegenschaft lasten.
Im Kaufvertrag ist also ein Fixpreis (= der berechnete Kaufpreis, der z.B. auch für die Grunderwerbsteuer relevant ist) zu vereinbaren, aber auch ein „Barkaufpreis".
Nach dem Kauf durch die bisherigen Mieter unterliegt die weitere Verwertung der Wohnung des gemeinnützigen Bauträgers bestimmten Beschränkungen.
Einführung, bzw. Verlängerung der Spekulationsfrist beim Weiterverkauf
Der Gesetzgeber will verhindern, dass mit geförderten Wohnungen Spekulationsgewinne erzielt werden. Er hat daher erstmals 2016 eine neue Regelung geschaffen, die den Weiterverkauf erworbener Genossenschaftswohnungen für eine Dauer von 10 Jahren (Spekulationsfrist) erschwert.
Im Rahmen der WGG-Novelle 2019 wurde die Spekulationsfrist auf 15 Jahre ausgedehnt. Wurde durch die Mieter ein Antrag auf Übertragung in das Wohnungseigentum nach dem 01.08.2019 gestellt, dann kommt bei einem Kauf die neue Spekulationsfrist von 15 Jahren zur Anwendung. Wurde der Antrag vor diesem Datum gestellt, dann kommt die alte Spekulationsfrist von 10 Jahren zur Anwendung.
Die Regelung sieht vor, dass der gemeinnützige Bauträger bei der Eigentumsübertragung an die Mieter, den Verkehrswert der Wohnung mitteilen muss. Veräußern die Käufer die Wohnung innerhalb der Spekulationsfrist (10 bzw. 15 Jahre), muss man zusätzlich zum schon bezahlten Kaufpreis die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem tatsächlich geleistetem Kaufpreis an die Genossenschaft abführen.
Zur Absicherung dieses Anspruchs wird im Zuge der Eigentumsbegründung ein befristetes Vorkaufsrecht zu Gunsten des gemeinnützigen Bauträgers im Grundbuch eingetragen. Eine Löschung des Vorkaufsrechtes vor Ablauf der Spekulationsfrist darf ohne Zustimmung des gemeinnützigen Bauträgers nicht vorgenommen werden.
Das gilt aber nicht, wenn der ehemalige MieterIn/KäuferIn die Wohnung während der Spekulationsfrist an den Ehegatten, den eingetragenen Partner, Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahlkinder oder Geschwister, sowie Lebensgefährten überträgt.